Kinderparlament
Der Hintergrund
Kinder verbringen einen Großteil ihres Alltags in vorgegeben Strukturen - Tagesstruktur, Regeln, Angebote und Spielmaterialen werden häufig von Erwachsenen vorgegeben. Im Zuge des Ausbaus an Ganztagsbetreuungsangeboten verlängert sich der von Erwachsenen strukturierte Teil des Tages.
Die Idee
Kinder sollen sich mit ihren Ideen und Wünschen in möglichst viele Alltagsbereiche einbringen können und die Möglichkeit haben, aktiv zu partizipieren. Bei möglichst vielen Entscheidungen sollen sie einbezogen werden und ihre Sichtweise darlegen können, denn Kinder sehen die Welt mit anderen Augen. Erwachsene können von dieser Perspektive nur profitieren.
Die Umsetzung
Die Wahl zum Kinderparlament findet jährlich zu Beginn des Schuljahres in einem demokratischen schriftlichen Verfahren statt. Die Kinder haben die Möglichkeit, sich selbst zur Wahl zu stellen oder andere Kinder für die Wahl vorzuschlagen. Das Wahlergebnis wird in Gegenwart der Kinder ausgezählt, um die Transparenz zu gewährleisten.
Pro Schülergruppe werden zwei Abgeordnete gewählt. Auch aus dem Team der Erzieher*innen werden zwei Angeordnete gewählt, die allerdings nur beratende Funktion im Gremium haben. Gewählte Abgeordnete können mit einfacher Mehrheit abgesetzt werden, wenn sie ihr Amt nicht zuverlässig ausführen. Als Ausgleich für die Sitzungszeit besteht für alle Abgeordneten an den Sitzungstagen eine Hausaufgabenbefreiung.
In einem Rhythmus von zwei Wochen finden die Sitzungen des Kinderparlaments statt. Dieses bieten den Kindern Raum, demokratische Prozesse kennenzulernen. Die regelmäßige Teilnahme der gewählten Abgeordneten an den Sitzungen ist verpflichtend. Die Kinder erlernen hierdurch, dass ihre Meinung zählt. Wichtig ist, den Kindern während der Sitzung klar zu kommunizieren, welche Themen in der Verantwortung der eigenen Einrichtung liegen und auf welche Aspekte es keinen Einfluss gibt. Die Grenzen der Beteiligung sind den Kindern somit bekannt. Die getroffenen Entscheidungen des Gremiums werden von den Erwachsenen akzeptiert. Die Beschlüsse werden umgesetzt.
Die gewählten Abgeordneten agieren als Bindeglied zwischen den Gruppen und dem Kinderparlament. Ihre Aufgabe ist es, einerseits Themen aus den Gruppen in das Gremium einzubringen und andererseits ihre Gruppen über die Beratungen zu informieren.
Ausgewähltes Beispiel aus der Arbeit des Kinderparlaments
Thema: Süßigkeiten im Schülerhaus
Ausgangssituation: Das Mitbringen von Süßigkeiten ist verboten. Ausnahmen bestehen an Geburtstagen und besonderen Festen.
Antrag der Abgeordneten: Das Mitbringen von Süßigkeiten soll an jedem Tag erlaubt sein.
Diskussionsverlauf: Zu Beginn der Diskussion waren alle Kinder für die Umsetzung des Antrags. Von einer Abgeordneten wurde die Frage aufgeworfen, ob es nicht unfair sei, wenn manche Kinder vielleicht keine Süßigkeiten mitbringen könnten, etwa weil ihre Eltern nicht genügend Geld haben oder aus anderen Gründen. An dieser Stelle wendete sich die Diskussion. Vorherrschendes Argument war, niemand soll benachteiligt werden. Nach fast einstündiger Diskussion kam es zu einem alternativen Beschlussantrag.
Beschluss: An einem Tag im Schuljahr - kurz vor den Sommerferien - soll es einen Süßigkeiten-Tag als Test geben. Alle Kinder dürfen Süßigkeiten mitbringen. Zusätzlich stellt das Kinderhaus Süßigkeiten zur Verfügung. Diese werden in den Gruppen gesammelt und unter den Kindern geteilt - egal wie viel jede*r mitgebracht hat.